Mit Brigadegeneral Josef Blotz wird erstmals ein Deutscher Sprecher von ISAF-Kommandeur General Stanley McChrystal. Eine Besonderheit der Berufung, auf die unter anderem die Süddeutsche Zeitung hinweist: Blotz kommt nicht aus der Schiene der Pressearbeiter, sondern ist Kampftruppenoffizier. Für aktuell – Zeitung für die Bundeswehr, ein Medium der internen Kommunikation, sprach dessen stellvertretender Chefredakteur Jörg Briedigkeit mit Blotz. Der Bendler-Blog veröffentlicht das Interview mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.
Eine neue Herausforderung
Brigadegeneral Josef Blotz wird Sprecher von ISAF-Kommandeur General Stanley McChrystal.
Berlin. Routinemäßig wechselt der Posten des Sprechers ISAF und zugleich Sprecher des ISAF-Kommandeurs, zwischen den truppenstellenden Nationen. In dieser Woche wird der bisherige Kommandeur der Infanterieschule in Hammelburg, Brigadegeneral Josef Blotz, den kanadischen Brigadegeneral Eric Tremblay, ablösen. Vor seinem Abflug nach Kabul sprach er mit aktuell über seine Aufgaben und die Lage am Hindukusch.
Herr General, in dieser Woche werden Sie für ein Jahr als neuer ISAF-Sprecher, gleichzeitig Sprecher des Kommandeurs der ISAF-Truppen in Afghanistan, General Stanley McChrystal, nach Kabul gehen. Wie haben Sie sich auf diese Aufgabe vorbereitet?
Mein letzter Einsatz in Afghanistan liegt noch nicht lange zurück. Da musste also wenig einsatzvorbereitende Ausbildung, Impfprogramm und ähnliches durchlaufen werden. Für meine neue Aufgabe habe ich im Verteidigungsministerium, im Einsatzführungskommando und bei der NATO eine Reihe von Einweisungen und Abmeldegesprächen absolviert, um als Sprecher fit zu sein. Dies schloss auch ein Medientraining an der Akademie für Information und Kommunikation in Strausberg ein, das sehr nützlich war. Hinzu kommen persönliche Vorbereitungen, um auch meine Familie für eine lange Abwesenheit richtig aufzustellen.
Im Jahr 2007 waren Sie bereits Kommandeur des Regionalkommandos Nord. War solch eine Verwendung bei ISAF eine zwingende Voraussetzung, um Sprecher des COMISAF zu werden?
Gerade für einen Pressesprecher kommt es auf Authentizität an. Ich glaube, dass man umso glaubwürdiger ist, je eher man auf persönliche Erfahrungen und Kenntnisse, auch aus schwierigen Lagen, zurückgreifen kann. Insofern sehe ich die Bewährung in einer entsprechenden Führungsverwendung im Einsatz in der Tat als wichtiges Entscheidungskriterium für diese Aufgabe. Ich bin froh, darüber hinaus auch auf Erfahrungen aus dem multinationalen Umfeld, also aus vorherigen NATO-Verwendungen, und auf die unabdingbaren Sprachkenntnisse zurückgreifen zu können.
Was können Sie aus der Zeit als Regionalkommandeur in Ihre neue Tätigkeit mit einbringen?
Das sind vor allem Kenntnisse der Konflikthintergründe, der Grundzüge der militärischen wie nicht-militärischen Strategien und die Einsicht in die Notwendigkeit der letztlich unverzichtbaren afghanischen Führungsrolle. Daran gilt es, weiter hart zu arbeiten. Meine Zeit in Mazar-e-Sharif hat mir außerdem sehr deutlich die Wichtigkeit realistischer Ziele und die Notwendigkeit besserer Koordination aller am Prozess Beteiligten vor Augen geführt.
Was genau wird Ihre Aufgabe als Sprecher COMISAF sein?
Der Sprecher ist, neben dem Commander selbst natürlich, der zentrale Ansprechpartner für die Medien der ganzen Welt, die über ISAF berichten. Das heißt: Pressekonferenzen, Interviews, Hintergrundgespräche, Beratung des Befehlshabers und dessen Begleitung bei presserelevanten Vorhaben und so weiter. Ich werde diese Aufgabe in einem multinationalen Team leisten, zu dem an ganz wichtiger Stelle auch der Pressesprecher des afghanischen Verteidigungsministeriums, General Mohammed Saher-Azimi, gehört.
Bislang gab es noch keinen deutschen General, der die Aufgabe des Sprecher COMISAF innehatte. Welche Erwartungen haben Sie an diese Verwendung?
Ich bin von der Notwendigkeit unseres Einsatzes in Afghanistan, an dem Streitkräfte aus 45 Ländern teilnehmen, fest überzeugt und halte den konzeptionellen Ansatz für die Lösung der Probleme für richtig. Anderenfalls hätte ich zu meiner künftigen Aufgabe auch nicht ja sagen können. Jetzt möchte ich mitarbeiten an einem erfolgreichen weiteren Stabilisierungs- und Aufbauwerk. Darauf freue ich mich. Ich bin sicher, dass ich persönlich und soldatisch eine große Bereicherung erfahren werde.
In Ihren letzten Verwendungen standen Sie jeweils an der Spitze zahlreicher Soldaten. Ist es eine große Umstellung, nun nur noch wenig Personal zu führen und stattdessen dem COMISAF quasi auf Schritt und Tritt zu folgen?
Lassen Sie es mich einmal so sagen: Nach 35 Dienstjahren in unterschiedlichsten Verwendungen stelle ich mich jetzt einer wirklich neuen Herausforderung. Ihre besonderen Kennzeichen, aber auch ihr Reiz liegen nicht in der vertrauten Truppenführung, sondern in der Vermittlung von Informationen und Zusammenhängen gegenüber der Öffentlichkeit, übrigens auch in Afghanistan selbst. Das fordert von mir in der Tat ein anderes Denken und Handeln. General McChrystal habe ich persönlich kennengelernt und freue mich auf die Zusammenarbeit mit einem so erfahrenen und von der Bedeutung der Aufgabe überzeugten Vorgesetzten.
Wie schätzen Sie die derzeitige Lage in Afghanistan ein?
Ich habe den Eindruck, dass nach der Londoner Konferenz Ende Januar in Afghanistan wesentliche Schlüsselelemente besser zur Entfaltung gebracht werden: Eine geschärfte strategische Eindeutigkeit und Entschlossenheit aller Nationen, zusätzliche militärische, politische und finanzielle Beiträge vieler Nationen und die Überzeugung, dass es um den Schutz und die Überzeugung der afghanischen Bevölkerung vom richtigen gemeinsamen Weg geht. Denn nur so ist jetzt ein Fortschritt zu erzielen. Das spürt man trotz der offenkundigen Schwierigkeiten und auch Rückschläge. Hinzu kommt eine zufriedenstellende Entwicklung bei der Aufstellung und Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte, die zum großen Teil auch durch die Bundeswehr geleistet wird. Natürlich ist noch ein steiniger und gefahrvoller Weg zu gehen, der Geduld und das Wissen um das Machbare erfordert. Wir werden am Ende erfolgreich sein, wenn es gelingt, mit den Afghanen gemeinsam realistische Ziele zu formulieren und die notwendige Initiative zu gewinnen nicht nur auf militärischem Gebiet.
Was können Sie dazu beitragen, dass speziell die deutsche Öffentlichkeit mehr über das Engagement von ISAF in Afghanistan erfährt?
Vielleicht gelingt es mir, über die Medien zu differenzierter Information und zu mehr Hintergrundwissen über den gesamten Friedensprozess in Afghanistan beizutragen. Ohne dies ist eine ausgewogene und verantwortungsvolle Diskussion über diese gewaltige Anstrengung der internationalen Gemeinschaft nicht möglich. Übrigens: Auch die afghanische Seite erwartet dies ganz selbstverständlich von uns allen. Sollte mir dies, in aller Bescheidenheit, gelingen, wäre ich glücklich.
Die vollständige Ausgabe der aktuell als PDF findet sich hier.
Vielen Dank für diesen lesenswerten Beitrag! Ich wünsche General Blotz alles Gute für seine neue Verwendung und hoffe mit ihm, dass damit die Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr und ISAF in positive Bahnen gelenkt werden. Es ist höchste Zeit, den Einsatz (schnörkellos) zu erklären, damit unsere Soldaten vielleicht auch wieder etwas mehr Rückhalt in der Bevölkerung erfahren können.