Spitzel-Skandal auch bei der Bundeswehr?

Mitarbeiter der unteren Lohngruppen (Lidl), deutlich besser vergütete Aufsichtsräte (Telekom, Bahn) und Journalisten müssen sich langsam daran gewöhnen systematisch mit quasi-nachrichtendienstlichen Methoden begleitet zu werden. Der ehemalige Kommunikationsvorstand von Volkswagen, Klaus Kocks, wähnt im Interview mit Spiegel Online manche Unternehmen gar im „Krieg mit Journalisten.“ Soweit ist die Bundeswehr noch nicht. Sie befindet sich noch im Krieg mit sich selbst – und bedient sich der Medien als Freischärler. Eine der Parteien: der Minister höchstselbst bzw. in Person seines Sprechers Thomas Raabe.

Dieser provozierte zunächst einen öffentlichen Dissens mit Generalinspekteur Schneiderhan in der Diskussion um die Zukunft des Bundeswehrfernsehens bwtv. Nächster auf der medialen Abschußliste des Ministeriums war der Kommandeur des Einsatzführungskommandos, Karlheinz Viereck. Dieser war bereits im vergangenen Jahr ins Fadenkreuz geraten und musste sich persönlicher Anwürfe erwehren. Während der Schmutz, mit dem damals nach ihm geworfen wurde nicht so recht hängen blieb, wurde nun gezielt seine Ablösung von seinem jetzigen Dienstposten mit einer kleinen Indiskretion kolportiert (mehr dazu unter anderem bei Thomas Wiegold).

Williger Vollstrecker der ministerialen Meinung ist in beiden Fällen ist die Tageszeitung Die Welt/Welt am Sonntag (der Bericht über Vierecks Ablösung findet sich hier). Doch während sich Raabe in Bezug auf bwtv noch gerne zitieren lässt, bleibt die Quelle bei der Causa Viereck ungenannt. Allerdings muss man kein Genie sein, um sich die Frage zustellen, ob der für beide Artikel verantwortliche Redakteur wirklich so viele unterschiedliche Informanten im Ministerium anzapfen musste, um diese Nachrichten zu gewinnen. Das vorläufige Fazit ist ernüchternd: noch nicht einmal zu einer ordentlichen Intrige ist das Ministerium in der Lage. Der Spitzel-Skandal fällt mangels Talent aus.

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