Bloggen von der Front – wie Nachwuchswerbung wirklich geht

Gut geklaut, ist besser, als schlecht selbst gemacht. Nein, dass wird kein weitere Kommentar zu Guttenbergs Plagiaten. Dazu habe ich am 18. Februar bereits alles, was nötig war gesagt. Heute könnte man allenfalls ein: „Feuern Sie Ihre Komunikationsberater“ hinterherschicken.

Das gilt im Übrigen auch für die Personalwerber der Bundeswehr bzw. die Agenturen, mit denen sie zusammenarbeiten. Beide stehen vor einem echten Problem. „Die Bundeswehr findet kaum Freiwillige“ fasst das die Financial Times Deutschland treffend zusammen. Detaillierte nimmt Thomas Wiegold die Zahlen auf seinem Blog Augen Geradeaus auseinander.

Bullshit-Bingo statt Kommunikation

Das Kommunikationsprobelm daran: Die einzige Antwort, die den Personalern dazu einfällt, ist Bullshit-Bingo für Anfänger („Employer-Branding“) – das ihnen vermutlich irgendwelche Berater eingepflanzt haben – und Werbung. Frei nach dem Motto, wenn Du nur einen Hammer hast, sieht alles wie ein Nagel aus, hoffen die Bundeswehr-Personaler darauf, dass Werbung weiter wirkt. Ein großer Teil des Budgets wandert daher in klassisch werbliche Formate.

Angesichts der veränderten Mediennutzungsgewohnheiten von Jugendlichen, auf die unter anderem die deutsche Mediaplanungs-Legende Thomas Koch in seinem Blog hinweist, ist diese Hoffnug mehr als trügerisch – selbst wenn Bild, BamS und Glotze grundsätzlich die richtigen Plattformen sind, um Reichweite zu erzielen. Daran ändert auch der durchaus richtige Wunsch der Kommunikationsverantwortlichen nichts, die Präsenz der Bundeswehr im Internet und in sozialen Netzwerken zu stärken. (Dieser Wunsch steht im Attraktivitätsprogrammes, das Staatssekretär Rüdiger Wolf unterzeichnet hat, und ist ebenfalls bei Thomas Wiegold nachzulesen). Das liegt vor allem daran, dass Reichweite nicht alles ist, sondern Reichweite Relevanz als Grundlage braucht. Relevanz, die nur aus den Inhalten entstehen kann. Und die sind das eigentliche Problem der Bundeswehr.

Die Bundeswehr hat ein inhaltliches Problem

Mental ist die Bundeswehr noch nicht in der Mediengesellschaft angekommen. Mehr noch: bei Fragen der strategischen Kommunikation hat sie ein fundamentales Führungsproblem. Oder wie ist sonst zu erklären, dass der Presse- und Informationsstab eine begleitenden Einsatzdokumentation wie beispielsweise bei den Projekte „A Year at War“ oder „Armadillo“aktiv verhindert hat?

 

Wer könnte besser und glaubwürdiger darüber sprechen, was es heute bedeutet, Soldat zu sein, als die Soldaten selbst? Natürlich bedeutet das, die Kontrolle zu verlieren, aber die Kontrolle über die Kommunikation hat die Bundeswehr schon lange verloren (wer daran zweifelt, kann gerne mal im Ministerbüro nachfragen). Einen Umstand, den auch nach vorne denkende Personalstrategen wie Nina Kalmeyer übrigens schon lange erkannt haben.

Konsequente Medialisierung des Militärischen

Was also ist zu tun? Wer ernsthaft daran arbeiten will, das Nachwuchsproblem der Bundeswehr zu lösen, muss zuerst die eigenen Beschränkungen im Denken lösen. Weil nicht zu erwarten ist, dass die Bundeswehr eigenen Stellen, in absehbarer Zeit dazu in der Lage sind, sollte die Bundeswehr einfach plagiieren, beispielsweise durch den Aufbau einer eigenen Blogplattform annalog zu den Army Strong Stories, die nicht nur dem Publikum einen Einblick ermöglicht, sondern alle Soldaten dazu befähigt, ihre eigenen Beiträge zu publizieren – und das sogar mit einer eigenen App. Das Ziel muss die konsequente Medialisierung des Militärischen sein. Nur wenn Soldaten und Soldatinnen auf den relevanten Anerkennungplattformen des Internet-Zeitalters präsent sind, besteht eine realistische Aussicht, das freundliche Desinteresse zu überwinden. Die Bundeswehr hat es in der Hand.

2 Gedanken zu „Bloggen von der Front – wie Nachwuchswerbung wirklich geht

  1. Wir, die jungen kreativen Köpfe in den Streitkräften, sind nicht in der Mediengesellschaft angekommen – wir waren schon immer dort und sind ein Teil von ihr. Man lässt uns nur nicht von der Leine, weil die älteren Herren, die es zu entscheiden haben, sich nicht trauen.

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