Zu Guttenbergs riskante Strategie

Die Berichte über zu Guttenbergs jüngsten „Frontbesuch“ und das Portrait eines Hauptgefreiten der Task Force Kunduz in der FAZ vom 6. November 2010 müssen parallel gelesen werden, um die Gefahren des deutschen Afghanistan-Einsatzes richtig einschätzen zu können. Mit seinen regelmäßigen Reisen nach Afghanistan appelliert zu Guttenberg an einen Kernpunkt der militärischen Identität, nicht nur der Bundeswehr: Führen von vorne. Die Besuche sind richtig, aber sie sind auch Teil einer riskanten Strategie. Nicht, weil der Minister dort übermäßig gefährdet wäre. Wenn er es wäre, wäre er nicht dort. Gefährlich sind seine charismatischen Auftritte, weil sie zeigen, dass der Regierung die Argumente für den Einsatz ausgehen – so sie denn je welche hatte. Und so ist es nicht verwunderlich, dass zu Guttenberg bereits rhetorisch den Rückzug vorbereitet. Er nennt das Übergabe in Verantwortung. Diese wird spätestens dann stattfinden, wenn das  afghanische Abenteuer zu beenden, Stimmen im kommenden amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf verspricht. „Declare victory and pull out“ wird es dann in Washington und Berlin heißen.

Der Krieg, der nie zu Ende geht

Diese Diskussionen sind dem Hauptgefreiten Johannes C. vermutlich egal. Für ihn und seine Kameraden sind der Einsatz, die Gefechte, die Gefahr bereits jetzt zum Sinn stiftenden Selbstzweck geworden. Und ihr Krieg, der auch unser ist, wird nie zu Ende gehen. Bereits jetzt leben zahlreiche Veteranen in unserer Gesellschaft. Ihnen und ihren Angehörigen wird zu Guttenberg (und nicht nur er) schon bald erklären müssen, warum ihr Leiden sinnvoll war. Charisma, geschliffene Worte und Habitus werden dabei nur wenig helfen. Die Glaubwürdigkeit von Karl-Theodor zu Guttenberg wird dann von konkreten Taten abhängen, und er wird sie nicht alleine bewerkstelligen können. Das macht seine Strategie so riskant.

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