Was man könnte, wenn man könnte

In der Sprache sind es die Feinheiten, die bedeutsam sind. Das weiß offensichtlich auch Reinhold Robbe, der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages. Beim oberflächlichen Lesen des Abschnitts 14 seines Jahresberichtes 2007, scheint die Lage der Medien der Bundeswehr vielversprechend. Liest man genauer hin, verfestigt sich unweigerlich der Eindruck, dass die Bundeswehr bislang nur wenig aus ihren medialen Möglichkeiten macht:

„Die Medien der Bundeswehr können den Soldatinnen und Soldaten in geeigneter und verlässlicher Weise Informationen
über politische Zusammenhänge, militärische Entscheidungen und auch den Truppenalltag liefern. Ebenso dienen sie den Soldaten zur persönlichen Lebenshilfe, der Allgemeinbildung und nicht zuletzt der Unterhaltung. Die Bundeswehr ist in der vorteilhaften Lage, über eine Vielzahl unterschiedlicher publizistischer und audiovisueller Medien zu verfügen. Sie besitzt damit einzigartige Möglichkeiten, nicht nur informativ, aufklärend, bildend und unterhaltend in die Truppe hineinzuwirken. Der Medienmix der Bundeswehr bietet auch die Chance einer professionellen positiven Außendarstellung. An dieser Stelle ist meines Erachtens die politische und militärische Führung gefragt, die Bundeswehrmedien als eine offene Plattform der Truppeninformation und der Diskussion zu nutzen.

Ferner ist die Zukunft von Bundeswehr TV (bwtv) weiterhin offen. Nachdem der Probebetrieb über den 31. Dezember
2007 hinaus fortgesetzt wurde, ist bisher ungeklärt, ob bwtv zur Jahresmitte 2008 im Regelbetrieb senden wird. Das Programm kann in allen Bundeswehrdienststellen, die über einen Decoder zur Entschlüsselung des Satellitensignals verfügen, empfangen werden und richtet sich in erster Linie an die Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz. Eine uneingeschränkte Aufrechterhaltung des Angebotes halte ich im Interesse der Soldatinnen und Soldaten für unverzichtbar.

Die Medien der Bundeswehr sind in hervorragender Weise geeignet, die Prinzipien der Inneren Führung in die Truppe hineinzutragen. Eine angemessene personelle, materielle sowie technisch adäquate Ausstattung sowie die Beteiligung am
ministeriellen Informationsfluss sind dafür notwendige Voraussetzung.“

Im Klartext: die Bundeswehr – insbesondere die politische und militärische Führung – macht nichts aus diesen Möglichkeiten. Wie auch, sie haben zu wenige professionelle Kommunikatoren, die das könnten. Das hat Herr Robbe richtig erkannt und diplomatisch elegant verpackt. Bleibt zu hoffen, dass bald jemand das Päckchen öffnet und die überfälligen Veränderungen einleitet.

7 Gedanken zu „Was man könnte, wenn man könnte

  1. Herr S.: So einfach ist das aber nicht. Denn professionelle Kommunikatoren, die Sie fordern, brauchen auch ein passendes Auftraggeberfeld mit Ideen und Weitblick. Das fehlt in Gänze, denn die militärischen Spitzen sind – mit einer herausragenden Ausnahme – zu schwachbrüstigen Fachberatern abgestiegen. Dazu kommt: Das große Medienimperium der Truppe hätte schon statistisch gesehen einige Talente und Spitzen hervorbringen müssen. Selbst die sind nicht zu erkennen. Und wie wenig mit Schwung und Wucht hereingedrückte „Kompetenzen“ als Berater bewirken, sehen wir an der g.e.b.b. – die heute wirkungslos und uninspiriert auf ihr Ende hinverwaltet. Jetzt müsste eigentlich die glänzende Idee und der brilliante Ausweg hier geschrieben stehen. Nur sehe ich den auch nicht. Leider.

  2. Wenn es einfach wäre, könnte es ja jeder. Im Ernst: ich bin – auch ohne Eigenlob – davon überzeugt, dass es einige Talente gibt. Viele davon haben aber die Bundeswehr verlassen, eben weil sie bislang nur wenig kommunikativ agiert. Und natürlich lässt sich der „brilliante“ Ausweg hier nicht einfach hinschreiben. Ein paar Wegmarken lassen sich aber setzen. Das beginnt zum einen damit, dass man den Sachverhalt thematisiert. Wenn man dann sieht, dass einige Truppengattungen ihre Angehörigen zu zivilen Ausbildungseinrichtungen schicken, und diese Soldatinnen und Soldaten auch eigene Freizeit einsetzen, um bspw. Fachpraktika zu machen bzw. zu verlängern ist das ein richtiger Schritt.

    Auf institutioneller Ebene wäre es sinnvoll über die folgenden Punkte nachzudenken:

    – Verankerung des Themas strategische Kommunikation im Curriculum der Bundeswehrhochschulen (Unternehmenskommunikation, Kommunikationsmanagement, Public Relations) ggf. zunächst als Fächer übergreifendes Angebot, bei dem BWL, SoWi und Informatik/IT einen Beitrag leisten. Fernziel wäre ein entsprechender Lehrstuhl KommWiss/KommManagement an einer oder sogar beiden Bw-Unis

    – Verankerung des Themas im Curriculum der Führungsakademie

    – Erweiterung des Angebots des Zentrums Innere Führung um Themen der Organisationskommunikation/Interne Kommunikation

    – Professionalisierung/ Erweiterung des Angebots der Akademie für Information und Kommunikation um das Thema Kommunikationsmanagement

    – Systematische Befassung mit dem Thema durch das SoWi an der AiK

    – Professionalisierung/ Umbau der Informations- und Medienzentrale in ein Medienhaus der Bundeswehr unter Führung des Presse/Infostabes

    – Perspektivisch Aufbau eines Kompentenzzentrums/Think Tanks der Bundeswehr aus den vorgenannten Ressourcen unter Einbeziehung bspw. der Hochschulen, die sich diesem Thema widmen, u.a. Ilmenau sowie ziviler Kompetenzen.

    Genau hier ist die zivile und militärische Führung gefragt, denn sie muss die entsprechenden Projekte anstoßen, Mittel bereit stellen und das entsprechende Projektmanagement aufsetzen. Die Kompetenzen sind in der Republik und der Bundeswehr vorhanden. Es gilt nun, sie zu vernetzen, und genau das ist die nicht einfache Aufgabe.

  3. Der mit geringem medialem Interesse gewürdigte aber nicht zu unterschätzende Einfluss des Jahresberichtes des Wehrbeauftragten Reinhold Robbe zeigt trotz aller Erkenntnis ein nachhaltiges Problem der Bundeswehr. Vor aktiver Kommunikation steht intensive und frühzeitige Beobachtung. Seit Jahren beunruhigen die Fernsehberichte von Öffentlichen Gelöbnissen mit Bildern von wohlgenährten Offizieren und Unteroffizieren. Der Feind sitzt auf den Hüften! Und neben Sport wäre auch eine intensive Aufklärungs- und Informationsarbeit der Bundeswehr notwendig, um den eigenen Soldaten und den journalistischen Angriffen begegnen zu können. Aber auch hier beschreibt der Wehrbeauftragte ein längst bekanntes Phänomen. Eine integrative und nachhaltige Kommunikation findet nicht statt. Die vorhandenen Möglichkeiten werden nicht genutzt. Der Probebetrieb von Bundeswehr TV geht nun schon Jahre. Und die fehlende Akzeptanz in der Truppe wird sicher nicht im „Regelbetrieb“ überwunden werden, wenn niemand grundsätzlich über Programm und Formate nachdenkt. In diesem Zusammenhang geht die Forderung von Sascha Stoltenow nach Professionalisierung des verantwortlichen Militärs nicht weit genug. Neben dem grundsätzlichen Willen des Verteidigungsministeriums, „kommunikative“ Experimente zu wagen, muss die vorhandene Fachexpertise von Kommunikations- und Medienprofis aus der Wirtschaft genutzt werden. Dafür ständen ganze „Ehemaligen-Regimenter“ bereit. Sie müssten nur angesprochen und gefordert werden.

  4. Hehe, die guten „Ehemaligen-Regimenter“, sehr schön… [hallo Daniel 🙂 ]

    Zu den Forderungen, die eine bessere Kommunikation nach außen ermöglichen könnten:
    Ein Ansatz zur Erfüllung der ersten Forderung nach einem Studiengang, der in die Richtung Kommunikation gehen soll, ist bereits in der Mache. Ein Studium mit der (auf mich etwas seltsam wirkenden) Kombination „Journalistik und Wirtschaft“ soll an der UniBw München den FH-Studiengang Betriebswirtschaft ablösen und neue Wege gehen.
    Wie sehr durch die neuen Akademiker in diesem Bereich (Zeitpunkt der Umsetzung ist ohnehin noch fraglich) ein Kommunikation bundeswehrintern und nach außen hin – wie oben geschildert – gelöst werden könnte, muss erst mal fraglich bleiben.
    Dass die akademischen Qualifikationen der studierten Offiziere in der Bw bisher viel zu wenig genutzt wurden, wissen alle ehemaligen und aktiven Zeitoffiziere ja nur zu gut.

  5. Sehr interessanter Hinweis, danke Jens. Gibt es zu dem geplanten Studiengang verbindliche/offizielle Angaben? Und eigentlich müsste er doch Kommunikationsmanagement und Wirtschaft heißen, oder?

  6. Meine Informationen stammen aus 2007 vom studentischen Vertreter der Fakultät Betriebswirtschaft. Auf der Homepage ist auf Anhieb nichts zu finden. Vermutlich, weil Inhalte, Name und Zeitpunkt noch nicht raus sind.

  7. Was man könnte, wenn man wollte

    … so sollte man es meiner Meinung nach formulieren.

    Zugegeben, es gibt genug Kameraden im Bereich Informationsarbeit Bundeswehr, die besser anderweitig eingesetzt würden (…), aber selbst die wenigen, fähigen Leute – die es durchaus gibt – könnten eine viele bessere Unternehmenskommunikation realisieren, wenn man sie den ließe.

    Hier muss man nun allerdings „wollen“ nochmal differenzieren, denn es gibt viele auf der Durchführungsebene, die gerne wollten.
    Solange es jedoch kein „strategisches Kommunikationsmanagement“ gibt – und dass ist scheinbar nicht gewollt – wird sich grundlegend nichts bessern.

    Das ist der zentrale Knackpunkt.

    Und wie man das ganze dann ablauf- und aufbauorganisatorisch umsetzt, ändert qualitativ nicht mehr viel an der Arbeit.

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