Ein spannendes (Kommunikations)Thema haben die Kollegen bei Streitkräfte und Strategien aufgegriffen. Die Jugendoffiziere der Bundeswehr wollen nicht mehr so heißen. Deshalb haben sie sich auf die Suche nach einem neuen Begriff gemacht und unter anderem „Offizier für Öffentlichkeitsarbeit“ oder „Referent für Sicherheitspolitik“ in die Diskussion geworfen. Beides überzeugte die Entscheider im Verteidigungsministerium wohl nicht. Aber wie das so ist in der neuen Kommunikationswelt – kontroverse Themen lassen sich nicht mehr so leicht unter dem Deckel halten. Nun haben die Jugendoffiziere die Debatte über die Bande des Beirats Innere Führung und den NDR in eine breitere Öffentlichkeit getragen. So ganz falsch ist die Bezeichung „Offizier für Öffentlichkeitsarbeit“ also nicht.
Die Befürworter einer Umbenennung argumentieren:
- Jugendoffiziere stünden wegen des Begriffs im Verdacht, Nachwuchswerbung zu betreiben
- die Bezeichnung suggeriere, dass es sich bei ihnen um „Junior“-Offiziere handele
- Ihr Aufgabenbereich habe sich deutlich über den Rahmen der sicherheitspolitischen Bildungsarbeit an Schulen auf weitere Multiplikatoren erweitert.
Die Argumente sind stimmig, aber sie sind nicht neu. Zwar haben die Jugendoffiziere ihre Position mit Umfragen bei ihren Zielgruppen unterstützt, aber die neuen Vorschläge sind nicht wirklich überzeugend. Denn gegen eine Umbenennung spricht, dass „Jugendoffizier“ eine wirklich starke Marke ist. Und die Assoziationen, insbesondere mit Blick auf das Thema Nachwuchsgewinnung, sind eigentlich sogar erfreulich. Nicht, weil die Jugendoffiziere junge Menschen unmittelbar anwerben, sondern weil sie diese anregen, sich mit Fragen der Sicherheitspolitik zu befassen. Damit bilden die Jugendoffiziere in der vernetzten Medienwelt einen wichtigen inhaltichen Kontaktpunkt, den die Bundeswehr nicht ohne Not aufgeben sollte. Dort, wo andere Marken, mit viel Geld versuchen, nicht direkt für ihr Produkt zu werben, sondern Relevanz in einem Themenfeld aufzubauen – im Marketingsprech nennt sich das heute „Content Marketing“ – ist die Bundeswehr bereits etabliert. Das erkennen sie Befürworter einer Umbenennung vielleicht nicht, aber sich kommunikativ selbst im Weg zu stehen, hat bei der Bundeswehr ja eine gewisse Tradition.
Was man hingegen tatsächlich verändern könnte, wäre, die Aufgaben der Jugendoffiziere wieder auf den Handlungsraum Schule, Berufsschule und ggf. Hochschule zu fokussieren und – wie es Winfried Nachtwei im Interview vorschlägt – die außen- und sicherheitspolitische Bildungsarbeit im Sinne des Konzeptes der vernetzten Sicherheit als ressortübergreifende Aufgabe neu zu denken. Diejeningen, die diese Aufgaben dann seitens der Bundeswehr wahrnehmen, müssen aber nicht mehr Jugendoffizier heißen.
Dass der Begriff eine „starke Marke“ sei, ist zweifelhaft. Zwar geben etwa die Hälfte der Lehrer vor, den Begriff zu kennen, verbinden jedoch etwas Falsches damit. Das kann schwerlich als Stärke verklärt werden – Persil ist schließlich auch nicht als Färbemittel für Textilien bekannt.
Dass die Verklärung des Begriffs zu einer generellen Auseinandersetzung der eigentlichen Zielgruppe mit Sicherheitspolitik führt ist schlicht falsch, da der Begriff bei Schülern nicht einmal im Ansatz bekannt ist.
Und doch, die Alternativen sind überzeugend; jedenfalls für die befragten Lehrer – das ist eines der Ergebnisse der Studie!
Dass das Ministerium dieser Überzeugung nicht folgt, sondern eine intern definierte mangelnde Trennschärfe der Alternativbegriffe sieht, steht auf einem anderen Blatt.
Ich kann nur zustimmen, dass sich die Jugendoffiziere wieder mehr auf Schulen konzentrieren sollen.
Allerdings leben wir in Zeiten in denen ein staatliches Organ gegen ein anderes arbeiten darf. Oder anders gesagt: Es ist doch im Moment im Trend, dass Schulen der Bundeswehr den Zutritt verbieten.