Ich, Oppositionsführer

Manche Blogger haben ja ab und an einen gewissen Hang zur Selbstüberschätzung. Dann glauben sie, Horst Köhler gestürzt und Ursula von der Leyen als Bundespräsidentin verhindert zu haben – oder zumindest einen wesentlichen Beitrag geleistet zu haben. Jetzt wollen Sie Joachim Gauck wählen. Ganz so einfach ist es nicht.

Was aber einfach ist: Blogger sind Menschen sind Medien. Und als solche produzieren sie ab und an eine Headline, einen Text, ein Bild, ein was auch immer, das den aktuellen Diskurs ganz gut auf den Punkt bringt. Dass das, wie bspw. Nico Lumma, nutzen möchten, um wieder Hierarchie zu reproduzieren, statt die Vielfalt zu genießen, zeigt, dass das Internet zwar die Kommunikation und die soziale Praxis durchaus verändert hat und weiter verändert – wir Menschen aber sind aber relativ konstant geblieben. Gut so.

Wo waren wir? Ach ja, Wirkmächtigkeit von Bloggern. Angesichts eines aktuellen Antrages im Bundestag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur „Evaluierung der deutschen Beteiligung an ISAF und des deutschen und internationalen Engagements für den Wiederaufbau Afghanistans seit 2001“ könnte ich mich fast wichtig nehmen. Der Antrag wird morgen im Bundestag beraten. Wer allerdings die Laufzeiten politischer Prozesse kennt, weiß, das es länger dauert, bis ein solcher Antrag formuliert und gestellt ist.

Ganz besonders gut weiß das der ehemalige Bundestagsabgeordnete Winfried Nachtwei. Der hatte, gemeinsam mit Jürgen Trittin, bereits im September 2006 (!) einen Brief an die Minister Steinmeier, Jung, Wieczoreck-Zeul und Schäuble gerichtet und dort eine Bilanzierung des Einsatzes gefordert. Lesenswert sind in diesem Zusammenhang Nachtweis Beiträge  zum Friedensgutachten 2010 (hier die erweiterte und aktualisierte Fassung) sowie sein Statement beim 146. Bergedorfer Gesprächskreis der Körber-Stiftung Ende Mai in Berlin.

Einen ersten Schritt in diese Richtung hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung getan. Einem Zwischenbericht aus dem Jahr 2007 folgte im April 2010 ein Abschlußbericht. Warum es diesen nur auf Englisch gibt, und welchen Zeitraum das BMZ mit „demnächst“ meint – dann soll laut Pressemitteilung auch eine deutsche Fassung folgen – würde ich gerne wissen.

Ebenso gerne würde ich wissen, warum die SPD das, was sie jetzt fordert, nicht schon längst selbst initiiert hat? Und mich würde interessieren, warum sich der Antrag darauf beschränkt, nur den Bundestag und nicht die Bürgerinnen und Bürger in regelmäßigen Abständen zu unterrichten. So habe ich das mit der Volksvertretung nicht gemeint.

Genau deshalb unterstütze ich zwar diesen Antrag, halte aber auch meine Petition, die Bundesregierung zur Berichterstattung über den Afghanistan-Einsatz zu verpflichten, für ebenso wichtig (zum Mitzeichnen bitte hier entlang). Und das mal ganz ohne Selbstüberschätzung.

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